WM 2016 in Rotterdam
Silbermedaillen für Marieluise Witting, Klara Grube und Jonas Weller
Rotterdam, 21. bis 28. August 2016
Alle vier Jahre, zu den Olympischen Spielen, finden die U19-Weltmeisterschaften gemeinsam mit den Weltmeisterschaften der sog. „Nichtolympischen Bootsklassen“ der Erwachsenen statt. Die U23-Weltmeisterschaften werden als eigene Veranstaltung ausgetragen.
In diesem Jahr ist es anders: Mit der Ausrichtung von drei Weltmeisterschaften in einer Veranstaltung richtet die Niederlande eine regelrechte Mammut-Veranstaltung aus. Etwa 2000 Ruderer/-innen, aus 50 Ländern rudern in 720 Booten. Eine organisatorische und logistische Herausforderung, die auf der Willem-Alexander-Baan bei Rotterdam ausgerichtet wird.
Das Wetter bot alle erdenklichen Bedingungen, an manchen Tagen auch in grenzwertigen Intensitäten. „Von glattem Wasser bis zur Schaumkrone, vom leichten Schiebewind bis zum Gegensturm, von extremer Hitze bis sintflutartigen Regenfällen mit Gewitter war alles dabei“, resümiert Sportinternatstrainer Marc Swienty.
Juniorinnen A / U19
Marieluise Witting (Ratzeburger RC / Sportinternat Ratzeburg) Ratzeburger, Nachwuchssportlerin des Jahres 2015, und Klara Grube (Lübecker RG) im Achter. Der deutsche U19-Achter konnte bei der U19-Europameisterschaft Mitte Juli im litauischen Trakai den Titel für sich gewinnen. Im 10 Boote-Feld dieser U19 WM kommen starke Übersee-Gegnerinnen dazu. „Eine Prognose ist schwierig, da wir die Übersee-Achter nicht einschätzen können. Um eine Medaille wollen wir aber auf jeden Fall mitrudern“, erklärt Marieluise Witting, die im vergangenen Jahr bereits Gold in genau dieser Bootsklasse gewinnen konnte. Die Hauptgegnerinnen im Vorlauf am 24. August werden voraussichtlich die USA sein.
Marieluise Witting und Klara Grube rudern im Achter in einem harten Rennen zum Start-Ziel-Sieg. Permanenten Druck üben die Italienerinnen aus, die sich an das deutsche Heck heften. Mit den schnellsten Vorlaufzeiten, sind die drei ersten diese Laufs auch Favoriten im Finale, wobei Rumänien den Umweg über den Hoffnungslauf gehen muss.
Ein Patzer im Boot von Marieluise Witting und Klara Grube machte der Titelwiederholung von Marieluise einen Strich durch die Rechnung. Es waren nur noch 400 m zu rudern, da blieb eine Mitruderin im Achter kurz mit der Blattkannte an der Welle hängen. Relativ rasch konnte sich die Besatzung wieder sortieren, die 1,4 Sekunden-Führung zu Gold war allerdings weg, so dass im Ziel „nur“ die Silbermedaille blieb. Marieluise Witting: „Nochmal Gold zu holen war das Ziel klar, aber keiner hier macht jemandem, der einen technischen Fehler macht, einen Vorwurf. Niemand macht so etwas mit Absicht, und alle kämpfen als Mannschaft. Wir können uns über Silber freuen!“
Vorlauf: GER – ITA – ROU – USA – NED
Finale: CZE – GER – ITA – BLR – USA – ROU
Paula Vosgerau (Lübecker RG / Sportinternat Ratzeburg), ebenfalls U19-Europmeisterin, startet im Doppelvierer. In Anbetracht von sehr starken 19-Booten gilt es von Rennen zu Rennen zu denken. Unbekannte Gegnerinnen im Vorlauf am 24. August sind China und Canada. Einer der ersten beiden Plätze sind für den direkten Einzug zum Halbfinale erforderlich.
Paula Vosgerau und ihre Crew müssen sich zum Auftakt der U19-WM in Geduld üben: Wegen eines Bootsschadens der in der Warm-Up-Zone am chinesischen Boot entstanden ist, wurde das Rennen um 2 Stunden verschoben. Von Anfang des Rennens entwickelt sich ein Dreikampf zwischen Italien, China und Deutschland, bei dem sich lediglich die Plätze 1 und 2 direkt für das Halbfinale qualifizieren. Die deutsche Crew um Paula Vosgerau kann ihren zweiten Platz nach Zielfotoentscheid knapp behaupten. Zum Sieg fehlen 4/100 Sekunden, auf den dritten Rang sind es aber auch nur 38/100 Sekunden.
Das morgendliche Training wurde wegen eines Gewittersturms abgesagt, die Bedingungen zu den Finalläufen waren mit starkem Gegenwind und Welle sehr anspruchsvoll. Im Doppelvierer konnte sich die Crew um Paula Vosgerau aus Potsdam, Würzburg und Vegesack zur Streckenhälfte an die Spitze des Feldes schieben und behaupten, schaffte es die Spurts der starken Chinesinnen zu kontern. Dann verkantete sich das Blatt von Paula Vosgerau unglücklich an einem Wellenkamm, dass sie das Skull verlor und es so unglücklich unter das Boot gelang, dass es durchbrach. Coach Marc Swienty: „Bei den U19 Rennen ist es nicht der erste Krebs, der gefangen wird. Im Rennen davor ist Italien gestolpert und hat dem deutschen Boot so zu Bronze verholfen. Dass das jetzt in unserem Boot und Paula passiert ist tragisch, das wünscht man niemandem. Die Mädchen haben sich über Monate auf diese Minuten vorbereitet und lagen auf Goldkurs“. Paula Vosgerau kommentierte das Rennen nach einigem Abstand: „Die Bedingungen waren nicht optimal, klar, aber sie waren für alle Gegner gleich.“ Nachdem die Crew die verbleibenden 700 m zu Ende gerudert hat, steht 6. Platz zur U19-WM für Paula Vosgerau.
Vorlauf: CHN – GER – ITA – CAN – AUT
Halbfinale: GBR – GER – GRE – ROU – DEN – SUI
Finale: CHN – GBR – CZE – NZL – GRE – GER
Die Ruderinnen mit internationalem Einsatz haben nun eine dreiwöchige Trainingspause, bevor es in das erste U23-Jahr geht. Außerdem steht bei vielen Internatlern das Abijahr bevor und wir haben viele Neuzugänge. Es geht also weiter. Der nächste Wettkampf ist das Bundesfinale des Schulwettbewerbs „Jugend trainiert für Olympia!“ im September in Berlin.
Senior/-innen B / U23
Der Doppelzweier mit Bugfrau Frieda Hämmerling (RG Germania Kiel, in der Trainingsgruppe von Dirk „Brocky“ Brockmann, ehem. Sportinternat Ratzeburg) kommt nach unsauberen Startschlägen nicht gut ins Rennen. Beide können sich erst zur Streckenhälfte auf den zur Qualifikation notwendigen dritten Platz schieben. Die zweite Streckenhälfte läuft wesentlich besser, so dass der dritte Platz (mit 6 Sekunden zu Platz 4) bis zur Ziellinie ungefährdet ist.
Halbfinale: BRL – USA – GER – POL – CHN – CAN
Finale: GBR – BLR – ROU – USA – GER – DEN
Annemieke Schanze (Ratzeburger RC / Sportinternat Ratzeburg) startet im neu zusammengesetzten Vierer ohne Steuerfrau. Neben Annemieke (Sportlerin des Jahres 2015) sitzen im Boot Zweier-ohne Partnerin Bea Bliemel (Minden), Anna Brendel (Minden) und Stella Bleich (Potsdam). Das 10-Boote-Feld besteht überwiegend mit Ruderinnen aus Übersee. Favoritinnen sind die USA und Großbritannien.
Mit einem Blitzstart setzte sich das deutsche Boot mit Annemieke Schanze knapp vor den USA an die Spitze im Vorlauf. Die USA übernimmt dann die Führung und baut sie im Verlauf des Rennens aus, unterstreicht damit seine Favoritenrolle. Die deutsche Crew sichert sich in einem Dreikampf mit Weißrussland und Kanada den zweiten Platz, der den direkten Einzug in das Finale A bedeutet und den Hoffnungslauf erspart. Bei diesen Wetterkapriolen sicherlich ein Vorteil. „Die Bedingungen waren von der Welle, den Windböen und den sintflutartigen Schauern eine echte Herausforderung. Das hatten aber ja alle Mannschaften. Im Vordergrund steht für uns also, dass wir direkt in das Finale einziehen konnten und nicht über den Hoffnungslauf müssen, dass kann im Finale entscheidend sein“, so Annemieke.
Direkt konnte sich die Crew um die Ratzeburger Sportlerin des Jahres 2015 für das Finale qualifizieren. In diesem legte sich das Boot zum ersten Streckenviertelf den Bronzerang, konnte diesen aber nicht bis zur Ziellinie halten. Zu stark die Konkurrenz aus den USA, die das Feld ab der Streckenhälfte dominieren. Zum Ende bleibt ein deutlicher fünfter Platz für die deutsche Auswahl.
Vorlauf: USA – GER – BLR – CAN – POL
Finale: USA – ROU – NED – GBR – GER – BLR
Im Leichtgewichts-Doppelvierer Jonas Weller vom Ratzeburger RC dabei. Er ist vom Auslandsstudium zur Qualifikationsregatta im heimischen Ratzeburg angereist und für den U23-Doppelvierer nominiert, gemeinsam mit seinem Ratzeburger Heimtrainer Sebastian Schulz, der gemeinsam mit Catriona Sens (Mainz) das Boot betreut.
Durch einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg mit 1,3 Sekunden vor Schweden sicherte sich die Leichtgewichts-Crew um Jonas Weller den direkten Einzug ins Halbfinale. „Platz drei hätte gereicht, aber bei den Bedingungen wollten wir ein deutliches Ergebnis, den Gegnern und uns selbst auch zeigen, dass wir bereit sind. Die Zeiten und Prognosen sind mit Vorsicht zu genießen, denn der Wind war sehr böig und von Lauf zu Lauf sehr unterschiedlich, wir sind grundsätzlich erst einmal zufrieden, wie es gelaufen ist“, sagt Jonas.
Dieses Halbfinale dominiert das Quartett aus Italien in beeindruckender Manier. Dahinter liefert sich die Crew um Jonas Weller ein packendes Rennen um Platz 2. Zuerst gegen die Auswahl aus Frankreich, die das Tempo nicht bis zum Ende mitgehen kann, denn Kanada, in diesem spannenden Rennen nur 500 m vor dem Ziel noch auf Rang fünf, überspurtet Frankreich und Deutschland zum zweiten Platz.
Über Vorlauf und Semifinale qualifizierte sich die deutsche Auswahlcrew um den Ratzeburger Jonas Weller für dieses Finale, was von den Vorergebnissen Spannung versprach. Diese zeigten eine furiose erste Streckenhälfte und schockten vorallem die favorisierten Briten, die erst zur Streckenhälfte konterten und ihre favorisierten Führung einnehmen konnten. Der Mut des schnellen Rennangangs wurde aber belohnt. Den Silberrang verteidigte die deutsche Crew mit mehreren Spurts dann überzeugend und querte mit nur 3/100sek punktgenau die Ziellinie vor den Italienern.
Vorlauf: GER – SWE – IRL – CAN – GRE
Halbfinale: ITA – CAN – GER – AUS – FRA – POR
Finale: GBR – GER – ITA – CAN – IRL – SWE
Timm Krauss (Lübecker RG), ursprünglich für den Achter vorgesehen, startet nach einer verletzungsbedingten Umbesetzung nun im gesteuerten Vierer in einem 12-Boote-Feld.
Nur der Vorlaufsieger konnte sich direkt für das Finale qualifizieren. Die italienische Crew meldete nicht nur den deutschen Vorlauf-Gegnern seine Ambitionen an und dominierte die Konkurrenz. Früh im Rennen war der Crew um Timm Kraus bewusst, dass der Weg ins Finale über den Hoffnungslauf führt. In diesem ist Platz 2 für den Einzug ins Finale mindestens notwendig, Hauptgegner hier die Crew aus Neuseeland.
Mit den USA und Neuseeland standen die beiden Favoriten für diesen Hoffnungslauf fest, denn beide Boote waren nur knapp im Vorlauf gescheitert. Das Rennen von vorne zu fahren war somit der Plan, den die Crew um den Lübecker Timm Kraus wählte, und die zuerst auch aufzugehen schien. Schon zur Streckenhälfte betrug der Anstand zum Finalplatz jedoch schon fast 2 Sekunden, die sich die beiden führenden Boote nicht mehr nehmen ließen. Platz 3 für Deutschland, somit im B-Finale um die Platzierungen 7–12. Timm Krauss belegte Platz 2 im B-Finale und ist damit in einem hochklassigen Vierer mit Steuermann-Feld gesamt Achter.
Vorlauf: ITA – NZL – FRA – GER – SRB – BLR
Hoffnungslauf: NZL – USA – GER – SUI – BLR
Finale B: SUI – GER – CAN – SRB – BLR – AUT
Larina Hillemann (Lübecker RG / ehem. Sportinternat) steuert den Achter. Sie treffen im Vorlauf auf Großbritannien und den USA und damit auf die zur Zeit stärksten Rudernationen im Frauen-Riemenrudern „Wir haben keinen direkten Vergleich im Vorfeld zu dieser WM, sicher ist aber, dass es sofort zur Sache gehen wird, denn nur die Vorlaufsieger kommen ohne Hoffnungslauf direkt ins Finale“, schätzt Larina ein.
Im Vorlauf dominierte die USA-Auswahl und erruderte sich einen Vorsprung von über 5 Sekunden. Dahinter ein Dreikampf zwischen Großbritannien, Neuseeland und Deutschland, mit einem knappen letzten Platz für die deutsche Crew um Larina Hillemann. „Wir sind gar nicht gut aus den Startblöcken gekommen, das war schlecht. Phasenweise lief es trotz der Welle gut, da haben wir uns rangekämpft. Im Hoffnungslauf müssen wir es schaffen zwei Achter hinter uns zu lassen, das zählt jetzt, sonst nichts“, so Larina.
Mindestens Platz 4 war notwendig, um den Einzug ins Finale zu erreichen. Bestern als gestern kam das deutsche Boot mit Larina Hillemann an den Steuerseilen aus den Startblöcken und passiert als zweites Boot das erste Streckenviertel. Im Verlauf des Rennens setzen sich die Britinnen ab und ziehen die Crews aus Australien und Neuseeland mit sich, so auch der Zieleinlauf der ersten drei Boote. Deutliche vierte die deutschen Ruderinnen, die mit diesem Ergebnis die eine Außenbahn im Finale zugewiesen bekommen werden.
Vorlauf: USA – GBR – NZL – GER
Hoffnungslauf: GBR – NZL – AUS – GER – TCH – FRA
Finale: USA – GBR – RUS – NZL – AUS – GER
Marc Swienty
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