Von der Schulbank ins Boot
Schleswig-Holstein hat mit dem Rendsburger Primaner Ruder-Club den ältesten deutschen Schülerruderverein. Sein Gründer war 1880 Prof. Wickenhagen.
Durch das Schulrudern wurden heute aktuelle Konzepte wie das der Offenen Ganztagsschule vorweg genommen. Denn schon damals erkannten die Verantwortlichen die Wichtigkeit des Zusammenwirkens von Körper und Geist, das heute bei vielen Jugendlichen vermisst wird. Der Spruch »Mens sana in corpore sano« wurde dabei oft zitiert und steht bis heute paradigmatisch für ein erstrebenswertes Ziel bei der Unterstützung der Erziehung junger Menschen.
Das gemeinsame Erleben in der Gruppe, die Stärkung des Körpers und die Auslotung der eigenen physischen und psychischen Belastbarkeit galten früher und gelten bis heute als hervorragende Vorbereitung auf die Aufgaben des Lebens. Beim Schulrudern wird genau diese Vorbereitung betrieben.
Zahlreiche erfolgreiche Sportler, Trainer und Vorstandsmitglieder des RVSH sind durch die Schülerruderei zum Rudern gekommen: Die zweimalige Olympiasiegerin Meike Evers in Preetz, die U23-Vizeweltmeisterin Melanie Hansen aus Schleswig, Traiener-Legende Karl Adam oder der RVSH-Ehrenvorsitzende Thomas Mittelstädt aus Lübeck sind nur einige Beispiele, zahlreiche weitere Aktive, Trainer und Funktionsträger könnten hier ebenfalls genannt werden.
Der Ruderverband Schleswig-Holstein, dessen Vorstand sich mehrheitlich aus ehemaligen Schülerruderern zusammensetzt, strebt an, den hohen Stellenwert des Schulruderns in Schleswig-Holstein zu erhalten und weiter zu entwickeln.
Wurzeln des Schülerruderns
»Die Ruderübung ist eine der edelsten der Welt, ist hervorragend sowohl was die Entwicklung körperlicher Kraft und Gesundheit anlangt, als auch für Selbstbeherrschung und Disziplin, wozu sie ganz unmerklich ihre Anhänger zwingt. […] Es lässt die Schüler ein einfaches, regelmäßiges Leben führen, es bringt sie früh aus dem Bett heraus, sie müssen um 10 Uhr schlafen gehen; … sie bleiben gesund, denn es nötigt zur Mäßigung.« (Platow & Hublitz, 1927, S. 78; zitiert aus einem englischen Buch).
Schon zum Anfang des 19. Jahrhunderts wird das Schulrudern in England betrieben. Nach Meinung der Autoren stammt das gesamte englische Rudern von der Schule. In England wird der Mannschaftssport zur Erziehung genutzt. Aufgrund der Gewässerspezifik findet kaum Wanderrudern statt. Dementsprechend wird vorwiegend im Achter und für den Wettkampf ausgebildet.
Die Gründung des ersten deutschen Schülerrudervereins, dem Rendsburger Primaner Ruderclub von 1880 erfolgt nach Wickenhagen und Kuhse (1913, S. 12) zur Eindämmung folgender Defizite:
- Missverhältnis zwischen geistiger und körperlicher Bildung
- Verödung und Entartung des jugendlichen Erholungslebens
- Entfremdung von der Natur
Königlicher Erlass vom 27. Januar 1898: »Um durch eine zweckmäßige Einrichtung des Schülerruderns in Berlin dieser für die Schule der höheren Lehranstalten so heilsame Leibesübung eine weitere Förderung zu sichern«, wird »zwecks Durchführung sämtlichen Berliner Schülerrudervereinigungen ein Betrag von 35000 Mark zur Verfügung« gestellt. (Platow & Hublitz, 1927, S. 65)
»Durch die Ausführungsbestimmungen über die Gestaltung des planmäßigen Spielnachmittags (Erlass vom 24. Juni 1924) und die Aufnahme des Ruderns in die Turnreifeprüfung ist das Schülerrudern Teil des planmäßigen Unterrichts in den Leibesübungen geworden. Hiernach sind die Schüler- und Schülerinnenrudervereine – ohne dass es auf die Art ihrer Entstehung und ihre derzeitige Organisation ankäme – Einrichtungen der Schule und unterstehen als solche unserer Aufsicht. Daraus folgt, dass auch die Satzungen dieser Vereine unserer Genehmigung bedürfen.« (Platow & Hublitz, 1927, S. 86)
Literatur
- Platow & Hublitz (1927). Jahrbuch des Verbandes der Leiter und Leiterinnen preußischer Schülerrudervereinigungen.
- Wickenhagen, H. & Kuhse, B. (1913). Kasier Wilhelm II. und das Rudern an den höheren Schulen Deutschlands.
Diesen Text können Sie auch herunterladen:
Schleswig-Holstein ist das Land des Schülerruderns (pdf, 142 kB)
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