Kurze Geschichte zum Rudersport
Die Anfänge dessen, was wir heute unter dem Begriff Rudern erfassen, reichen mehrere tausend Jahre zurück. Bereits vor der Ausnutzung der Windkraft mit Segel diente das Ruder bei vielen Völkern als Antriebsmöglichkeit von Transportmitteln, erfüllte aber auch wichtige Aufgaben bei kriegerischen Auseinandersetzungen. Reliefzeichnungen in Ägypten sowie der Fund eines Ruders bei Duvensee in Holstein beweisen, dass bereits 8000 bis 10000 Jahre v. Chr. das Ruder zur Fortbewegung auf dem Wasser genutzt wurde.
Das sportliche Rudern hat seinen Ursprung in England. Ein Wettkampf, der sich auf lange Traditionen beruft und noch heute Zehntausende Zuschauer an die Ufer der Themse lockt, ist der Vergleich der Achtermannschaften der Studenten aus Oxford und Cambridge. Der erste Vergleich fand 1829 statt und endete mit einem Sieg der Universität Oxford. Von diesem und anderen in England stattfindenen Wettkämpfen gingen wesentliche Impulse für die Entwicklung des modernen Rudersports aus. So wurden gerade in dieser Zeit eine Reihe wichtiger Erfindungen gemacht, die sich revolutionierend auf den Bootsbau und damit auf die Rudertechnik auswirkten.
1828 zum Beispiel erschien erstmalig ein Boot zu einem Wettkampf, das mit Auslegern ausgerüstet war. Weitere wesentliche Veränderungen bis zum heutigen Rennboot sind der Übergang zu leichteren Bauweisen, die Einführung des Gleit- und später des Rollsitzes sowie der Übergang von der Kastendolle zur Drehdolle.
Eine weitere wichtige Entwicklung für den Bootsbau und die Festlegung der noch heute gültigen Bootsklassen war die Entwicklung und der Bau eines Vierer, der ohne Steuermann auskam. In England präsentierte als erster der damals bekannte Rudertrainer Walter Bradford Woodgate einen ungesteuerten Vierer der Öffentlichkeit. Um seinen Landsleuten zu beweisen, daß dieses Boot gegenüber der herkömmlichen Bootsklasse im Wettkampf deutliche Vorteile besitzt, bediente er sich im Vierer-Rennen der Henleyregatta 1868 einer List. Er ließ einen extra angefertigten Vierer, entsprechend des Regattareglements mit einem Steuermann (der jedoch nur auf einem Behelfssitz saß) versehen, zum Start antreten. Sofort nach dem Startsignal sprang der Steuermann in das Wasser, und der nun vom Schlagmann über Fußbetätigung gesteuerte Vierer erreichte mit großem Vorsprung das Ziel. Zwar wurde diese Mannschaft disqualifiziert, aber Woodgate hatte seine Auffassungen eindrucksvoll nachgewiesen.
Obwohl die aufgeführten Veränderungen schon im vorigen Jahrhundert entwickelt wurden, fuhr man noch bis in die dreißiger Jahre die sogenannte orthodoxe Technik, ein vom festen Sitz auf den Rollsitz übertragender Bewegungsablauf mit weiter Vorlage, Anschwung mit kerzengeradem Rücken, kurzem Beinschlag und weitem Rückenschwung.
Verstärkt wurde das Festhalten an dieser Technik durch das weitverbreitete Lehrbuch von Woodgate »Rudern und Scullen« (erste Auflage in englischer Sprache 1876), in dem eine sehr verständliche Anleitung für den Anfängerunterricht gegeben wurde. Auch der Titel des Buchs dokumentiert, daß das Riemenrudern eine dominierende Stellung gegenüber dem Skullen einnahm. Bei Woodgate erstarrte die Rudertechnik in einem Haltungsdrill, bei der die Körperhaltung im Schulungsprozeß Vorrang gegenüber der Wasserarbeit erhielt. Der Zeitgeist wertete eben die soldatisch aufrechte Haltung und die exakt in allen Phasen vorgeschriebene Bewegung vom ästhetischen Standtpunkt positiv.
Diese Phasen werden einzeln geschult: »Schließlich muß auch das Drehen des Riemens gelehrt werden. Dieses wird genau und besser gelernt, wenn man es für sich lernt und nicht von Anfang an mit den übrigen Teilen des Schlages zusammen.« (Woodgate 1926, S. 28) »Bisher haben wir die Arbeit des Körpers, die Arbeit der Arme und die Arbeit des Handgelenks im einzelnen durchgesprochen. In einem späteren Kapitel werden wir alles drei verbinden und das Vorgehen erläutern.« (Woodgate 1926, S. 36) Als Woodgate dieses Buch schrieb, war das Rudern auf beweglichem Sitz noch eine neue Erscheinung: »Obwohl man eine Rollbahn von 9 Zoll [23 cm] Länge gebrauchen darf, so folgt daraus noch keineswegs, daß der Ruderlehrer verpflichtet ist, zu versuchen, eine Mannschaft von Anfängern dahin zu bringen, in ihrem Rennen auf einer so langen Rollbahn zu rudern.« (Woodgate 1926, S. 146)
Die lange Stagnation in der Entwicklung der Rudertechnik unterbrach schließlich der Australier Steve Fairbairn. Deutlicher herausgearbeitet als bei Faibairn erscheinen die Grundsätze einer neuen Lehrweise in der Reform der Ruderausbildung an der Deutschen Hochschule für Leibesübungen in Berlin bei Hugo Borrmann und Karl Feige: die natürliche Lehrweise. Das Hauptmerk galt hier der Wasserarbeit und der Natürlichkeit der Bewegung. Die Bedeutung der Balancefähigkeit für die Bootsbeherrschung wurde erkannt und die Ausbildung begann sofort im Boot mit Rollsitz.
Dieser schloß sich später die kybernetische Lehrweise (Modell von der Bewegungssteuerung in Form von Regelkreisen) an, die das Skiff – je nach äußeren Bedingungen (Wetter, Bootsmaterial) aber auch die Mannschaftsgig – nun als Lehrmaschine nutzt.
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