Basis-Checkliste Skullen

Basis-Checkliste Skullen

Über die Rudertechnik wird wohl immer viel zu diskutieren sein. Auch hier soll und kann keine optimale Bewegungsbeschreibung geliefert werden, dafür ist die Rudertechnik von zu vielen Variablen abhängig. So sind stets die körperlichen Voraussetzungen wie Körpergröße und Gewicht, die konditionellen (Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit) und koordinativen Fähigkeiten, die Zielsetzung (Freizeitsport mit Wanderfahrten, Gesundheitstraining, Leistungssport), das zur Verfügung stehende Bootsmaterial und die sportwissenschaftliche Kenntnis der Trainer zu beachten.

Viele weitere Informationen und Checklisten finden Sie unter www.rudertechnik.de

Projekt Reinhart Grahn & Klaus Mattes, 2013
Partner Deutscher Ruderverband, Ruderverband Schleswig-Holstein, Universität Hamburg

Allgemeine Hinweise für die rudertechnische Ausbildung

Anfängerinnen und Anfänger sollten grundsätzlich zuerst das Skullen erlernen. Dabei sei folgende Handführung empfohlen:

die linke Hand befindet sich über der rechten Hand und
die rechte Hand befindet sich näher am Körper als die linke Hand

Diese Orientierung gilt für den Durchzug und das Vorrollen. Große Diskrepanzen in der Schlagweite zwischen rechter und linker Hand sind zu vermeiden. Vor allem ist eine geringe Differenz im Einsatzwinkel anzustreben. Bei der Gestaltung des Bewegungsablaufs ist ein flüssiger und harmonischer Ablauf, ein ineinander übergehender Verlauf der Bewegung besonders wichtig. Jede ruckartige Körper- und Extremitätenbewegung beeinflußt den Vortrieb und Durchlauf des Boots negativ.

Zielvorstellungen für die Rudertechnik

Die folgenden Orientierungen besitzen für das Skullen und Riemenrudern Gültigkeit. Auf die Besonderheiten des Riemenruderns wird in einem extra Abschnitt eingegangen. Aus einer weiten Auslage (Unterschenkel senkrecht, Oberkörpervorlage fast parallel zu den Oberschenkeln) beginnt aus dem Vorrollen ohne Verzögerung und ohne doppeltes Ausholen das Wasserfassen mit natürlich gestreckten Armen. Die Blätter werden bereits vor dem Einsatz durch ein leichtes Anheben der Hände bzw. der Arme, das in den Schultern etwas unterstützt wird, dem Wasser angenähert. Nach schnellem, senkrechtem und bugwärts spritzerlosem Einsetzen der Blätter wird durch das Öffnen des Hüftwinkels und leichtem Einsatz der Schultern beim Beginn des Beinstoßes sofort Druck aufgenommen. Der Körper wird bei beginnender Streckung des Hüftgelenks und der Beine mit natürlich gestreckten Armen fest zwischen Innenhebel und Stemmbrett eingespannt, so daß eine kontinuierliche Beschleunigung des Innenhebels bei gleichmäßigem Gegendruck am Stemmbrett erfolgen kann.

Hauptfehler in dieser Phase:

  • zu geringer Vorlagewinkel
  • extremer Vorlagewinkel
  • Abducken des Oberkörpers
  • zu stark bzw. vorzeitig gebeugte Arme
  • Hereindrücken der Innenhebel
  • übermäßiges Anheben der Arme
  • Nachgeben der Hüfte bzw. zu früher Beineinsatz
  • zu früher Oberkörpereinsatz
  • Starkes Rückbeugen des Kopfes und gerader Rücken
  • Kopf wird zwischen die Arme genommen und schaut in Richtung Stemmbrett

Die notwendige Kopplung der Teilkörperkräfte für die weitere Beschleunigung des Innenhebels erfolgt durch eine zügige Streckung der Hüfte und Beine bei allmählichem Zurücknehmen des Oberkörpers und der Schultern. Die Arme werden erst dann aktiv gebeugt, wenn die Hände durch die Streckung des Hüftgelenks und der Beine in die Höhe der Knie gelangt sind. Die Beinstreckung wird in dieser Phase abgeschlossen.

Hauptfehler in dieser Phase:

  • Nachgeben in der Hüfte und Oberkörper
  • vorzeitiger Armeinsatz
  • fehlender Armeinsatz
  • Rücknahme der Schultern
  • Hängenlassen der Schultern
  • Bogenzug der Innenhebel

Der weitere Geschwindigkeitszuwachs der Innenhebel wird in der folgenden Phase vor allem durch die Beugung der Arme und Rücknahme der Schultern realisiert. Dabei wird der Oberkörper in einer Rücklage von etwa 110-120° stabilisiert. Der Rücken ist im Bereich der Lendenwirbelsäule, bei gerader Brustwirbelsäule, leicht gekrümmt. Die Innenhebel sind bis auf eine Daumenbreite zum unteren Rippenbogen zu führen. Skuller ziehen den Schlag mit gleich hohen Innenhebeln (rechts, links) aus. Die Ellenbogen werden nahe am Körper vorbeigeführt.

Hauptfehler in dieser Phase:

  • zu geringe Rücklage
  • extreme Rücklage
  • zu frühes Abbrechen des Durchzugs
  • Oberkörper fällt über die Innenhebel
  • Nachstrecken der Knie
  • »Hände weg« zu langsam

Das Ausheben wird durch eine schnelle Endzugphase eingeleitet. Beim Ausheben drücken die Hände die Innenhebel leicht herunter und kippen in Handgelenk ab. Unmittelbar nach dem Ausheben der Blätter werden die Hände zügig bis zu den Knien geführt. Der Oberkörper folgt der Bewegung der Hände und wird flüssig aus der Rückenlage aufgerichtet. Erst nach dem Aufrichten des Oberkörpers setzt das Rollen ein. Der Rollvorgang erfolgt bewußt und entspannt. Die Geschwindigkeit des Rollens ist gleichbleibend, wobei die natürlich gestreckten Arme und der Oberkörper in die Vorlage gebracht werdende Umkehrbewegung erfolgt schnell und flüssig aus einer mittleren Vordehnung der Muskulatur.

Hauptfehler in dieser Phase:

  • Rollsitz verharrt zu lange beim Ausheben
  • ruckartiges zu schnelles Anrollen
  • in-die-Vorlage-fallen des Oberkörpers
  • Wasserfassen bei stehendem Rollsitz

Besonderheiten des Riemenruderns

Infolge der mechanischen Unterschiede zwischen Skullen und Riemenrudern treten bei Übereinstimmung der Grundbewegungsabläufe folgende Abweichungen beim Riemenrudern auf: Beim Vorrollen folgt der Ruderer dem Innenhebel, so daß die Schulterquerachse in der Auslage fast parallel zum Innenhebel steht. Der Innenarm ist gestreckt und der Außenarm schließt mit dem Holmende ab.

Hauptfehler:

  • angebeugter Innenarm
  • Abducken der Außenschulter

Zielorientierungen der Schlagstruktur

In der Schlagstruktur ist auf den Vorderzugbetonten Schubschlag zu orientieren, d. h. bei Realisierung einer möglichst großen Schlagweite (Skull ca. 100° bis 105°, Riemen ca. 80° bis 85°) soll durch einen kontinuierlichen Anstieg der Innenhebelgeschwindigkeit die aufgenommene Kraft beim Blatteinsatz über den gesamten Schlag gebracht werden. Im einzelnen erfordert diese Orientierung: sofortige Druckaufnahme beim Wasserfassen mit steilem Anstieg der Dollenkraft bei 50 bis 70° Ruderwinkel; Sicherung eines hohen Niveaus der Dollenkraft bei 70° bis 110° Ruderwinkel durch die weitere Beschleunigung des Innenhebels; Steigerung der Schubwirkung ab 110° Ruderwinkel durch eine hohe Bewegungsgeschwindigkeit des Innenhebels bei stark abnehmender Kraftabgabe der Ruderinnen und Ruderer.

Skullen

Das Wasserfassen und die Druckaufnahme

  • weites Öffnen der Arme und Strecken der Schultern
  • Oberkörper etwas aufrechter als beim Riemenrudern
  • Winkel zwischen Oberarm und Horizontalen ca. 5° bis 15°
  • beide Hände sind gleich hoch

Der Endzug und das Ausheben

  • kräftiger Einsatz der Schultern und Arme ab der Orthogonalstellung
  • Skulls werden hoch an den Körper herangeführt
  • hohes Ausheben (insbesondere im Mannschaftsboot)
  • Rücklagewinkel nicht ganz so groß wie im Riemenboot: 20° bis 25°
  • wie in der Auslage: beide Hände sind gleich hoch
  • Ellenbogen werden möglichst nahe am Körper zurückgeführt

Riemenrudern

Wasserfassen und Druckaufnahme

  • Verwringung im weit vorgestreckten Oberkörper
  • Arme und Schultern weit gestreckt
  • Kniewinkel größer als 50° bis 60°
  • Ausleger nicht allzu hoch: Winkel zwischen Horizontalen und Außenarme beträgt 10° bis 20°

Der Mittelzug

  • Knie- und Hüftwinkel öffnen sich gleichzeitig
  • Ruderer hängen sich in die Riemen
  • Oberkörper wird schon relativ weit zurückgenommen
  • Armzug beginnt etwa in der Orthogonalstellung

Der Endzug

  • Endzug wird hoch ausgezogen (Außenhand knapp unter die Brust ziehen)
  • Schultern werden (ohne Verwringung) beide weit zurückgenommen
  • Innenschulter geht ebenso zurück und nur der Außenarm berührt den Körper
  • kräftiger Arm- und Schultereinsatz
  • Rücklagewinkel etwa 25° bis 30°

Das Vorrollen

  • Hände werden in einer Linie vorgeführt
  • entspannte Körper- und Armführung
  • Hände nehmen Oberkörper mit und, wenn sie vor den Knien sind, den Rollsitz
  • Arme werden erst im letzten Moment ganz gestreckt, bis dahin bleiben sie ganz leicht angewinkelt

Ruderbewegung sehen, analysieren und intervenieren

Bevor Trainer/-innen Ruderer/-innen korrigieren, sollte sie sich darüber im klaren sein, inwieweit sie selbst Ursache des Fehlers ist. Dies kann der Fall sein, wenn er durch eine unzureichende Bewegungsvorstellung oder mangelndes Können die Bewegung falsch erklärt oder falsch demonstriert. Darüber hinaus gilt es die situativen Bedingungen zu berücksichtigen; z. B. können Wind und Wellen beim Übenden noch Angst hervorrufen, die dann bereits die Aufnahme der Informationen erschwert. Die Fehlerkorrektur ist ein pädagogisches Mittel zur Steuerung des Lernprozesses.

Bei der Planung einer Trainingseinheit ist folgende inhaltliche Reihung zweckmäßig:

  • Technik stets vor anderen Inhalten,
  • schwierige technische Inhalte vor einfachen Inhalten,
  • Technik vor Schnelligkeit vor Kraft vor Ausdauer.

Die Trainingswissenschaft erklärt die Effizienz dieser Reihenfolge über das Phänomen unterschiedlicher Latenzzeiten in der Ermüdung des organismischen Systems. Grob formuliert, ermüden die zentralnervösen Informationsverarbeitungsinstanzen vor den peripheren, energieversorgenden Instanzen.

Prinzipielle Korrekturhinweise

  • Überprüfe die eigenen Bewegungsvorstellungen mit denen des Lernenden, lasse ihn z.B. anhand von Videoaufnahmen oder durch Beobachtung seine und andere Bewegungen kommentieren.
  • Lasse die Bewegungen und Bewegungsabläufe in unterschiedlichen Bewegungstempi und Sequenzen durchführen, z.B. im Zeitlupentempo, mit Pausen, als isolierte Teilbewegungen, auch mal ganz schnell oder hastig.
  • Schaffe Bedingungen oder stelle Aufgaben, die den Fehler unmöglich machen, z.B. lasse mit aufgedrehten Blatt rudern, wenn der Ruderer das Blatt im Wasser bereits abdreht.
  • Stelle übertriebene Forderungen bei der Korrekturmaßnahme, z.B. mit extrem aufrechtem Oberkörper zu rudern, wenn der Ruderer Kiste schiebt, d.h., wenn der Bein- und Hüfteinsatz erfolgt, bevor der Ruderer Druck auf dem Blatt hat.
  • Fördere die allgemeine körperliche Entwicklung (Kräftigung) neben der technischen Ausbildung, z.B. durch das Betreiben anderer Sportarten, aber auch mittels speziellen Kräftigungsübungen.
  • Nutze – insbesondere im Kinder- und Jugendbereich – den Wettkampf und gebrauche die Stoppuhr. Durch übermäßiges Verweilen in der künstlichen Anfängersituation (langsame und ruhige Ausführung unter den oft nicht aufhörenden Kommentierungen des Übungsleiters), wird der Ruderer auf diese Bewegungsabläufe so eingestellt, daß es ihm später schwer fällt, situationsangemessene, schnellere und kräftigere Bewegungsabläufe zu erlernen.
  • Wechsle Bootsgattungen, Ruderart, Situation und Partner.
  • Keine Monotonie, viel variieren!

Mannschaftsinterne Koordination

Fehler in der mannschaftsinternen Koordination lassen sich zumeist auf individuelle Technikfehler der Mannschaftsmitglieder zurückführen. Einige Möglichkeiten zur Korrektur können sein:

  • Rudern mit Pausen:
    • in der Auslage, kurz vor dem Blatteinsatz
    • direkt nach dem Ausheben, Hände am Körper
    • Pause, wenn Hände vor den Knien sind, Oberkörper leicht nach vorne geneigt, Beine noch durchgedrückt
  • Rudern mit geschlossenen Augen
  • Schlagfrequenzwechsel ohne großen Krafteinsatz
  • Fahrt aufnehmen, dann die Blätter nach dem Setzen durchtreiben lassen
  • Pause vor den Knien, auf Kommando schnell anrollen und über dem Vorrollen schnell und explosiv Wasser fassen
  • Mit festem Sitz rudern, nur Endzug, später allmählich Rollweg verlängern
  • Im Riemenboot: Einarmig rudern (Außenarm, Innenarm)
  • Lange Strecken gemeinsam rudern
  • Schnelligkeitsübungen im Boot machen
  • Rhythmusschulung, Vorrollen und Durchzug in einem bestimmten Verhältnis
  • Viel mit aufgedrehtem Blatt rudern
  • In regelmäßigen Abständen Boot durchmessen
  • Ruderart wechseln; keine Monotonie, viel variieren!
  • Wenn es schon mal besser klappte: nicht zuviel über Technik diskutieren! Oft genügen einige Einheiten im Kleinboot gegeneinander oder ein paar extensive Ausdauereinheiten.

Wichtige Fehlerursachen

  • falsches Deuten der Bewegungsempfindungen
  • ungenaue oder fehlerhafte Bewegungsvorstellung
  • störende Einflüsse einer verwandten und noch nicht gefestigten Bewegung
  • mangelnde motorische Voraussetzungen (konditionell, koordinativ)
  • ungewohnte äußere Bedingungen
  • Angst vor Sturz, Verletzung usw.
  • Ermüdung
  • falscher methodischer Weg

Literatur

  • Altenburg, D., Mattes, K. & Steinacker, J. (2013). Handbuch Rudertraining. Technik – Leistung – Planung (2. korr. Aufl.). Wiebelsheim: Limpert.
  • Deutscher Ruderverband (Hrsg.). (2017). Trainingsmethodische Grundkonzeption. Zeitraum 2017–2020. Hannover: DRV.
  • Deutscher Ruderverband (Hrsg.). (2019). Rudern lehren und lernen. Materialien für die Ausbildung von Trainerinnen und Trainern (2. überarb. u. erw. Aufl.). Hannover: DRV.
  • Fritsch, W. (2014). Rudern Basics (4. überarb. Aufl.). Aachen: Meyer und Meyer.
  • Fritsch, W. (2006). Handbuch für den Rudersport: Training, Kondition, Freizeit (4. überarb. Aufl.). Aachen: Meyer & Meyer.
  • Fritsch, W. (2005). Das große Buch vom Rennrudern (2. überarb. Aufl.). Aachen: Meyer & Meyer.

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