Hat Rudern etwas mit Gefühl zu tun oder geht es dabei nur um Technik?
DRV Fachübungsleiter / Trainer-C Kurs vom 22.09. bis 05.10.2007 in Ratzeburg
Diese und weitere Fragen diskutierten 24 Lernwillige zwei Wochen lang in Ratzeburg. Wir sind aus ganz Deutschland angereist, eigentlich um als Fachübungsleiter Rudern wieder nach Hause zu fahren. Da der Deutsche Olympische Sportbund in seinen Rahmenrichtlinien für Qualifizierung die Trainerbezeichnungen geändert hat, ist im DRV der Titel Fachübungsleiter entfallen und wird durch die Trainer/-in C-Lizenz ersetzt. Anderes Ziel – gleicher Weg! Am Programm der nächsten beiden Wochen hat sich dadurch nicht viel geändert.
Was lag vor uns? Vierzehn Tage Ruderurlaub? Ganz und gar nicht! Wer Rudern wollte, musste früh aufstehen und vor dem Frühstück schon aufs Wasser gehen. Zwei Wochen lang Schulbank drücken war angesagt um den begehrten Titel zu erlangen – für einen Teil von uns eine längst vergessene Erfahrung.
Der Seminarraum der Ruderakademie hat bedauerlicherweise keinen Seeblick. Vermutlich war das konzentrationsfördernd und kam damit unserem Lernerfolg zugute. Auf dem Lehrplan standen neben Rudertechnik auch andere sportnahe Themen wie Trainingsplanung, Sportmedizin, Kondition und Koordination. Zusätzlich gab’s auch unsportliches wie Umwelt, Recht, Organisation und zwischen-menschliches wie die Rolle des Übungsleiters, Zielgruppen im Verein und Kommunikation. Neu im Programm war das Thema Anti-Doping, was zu einer angeregten Diskussion geführt hat.
Fast täglich durften wir uns in der Sporthalle austoben – von hier hatten wir dann auch den ersehnten Blick auf das Ratzeburger Gewässer. Das vielseitige Hallenprogramm wurde zum Teil von den Referenten und zum Teil von den Teilnehmern gestaltet. Zur Behandlung der hierbei aufgetretenen Körperschäden stand das Notfall-Team auf der stets besetzten Invalidenbank mit Rat und Tat zur Verfügung.
Nach dem Programm laut Lehrplan stellte sich die Frage: Was macht man in einer Stadt wie dieser am Abend? Der Seminarraum wurde zum englischen Kino, die Sauna im Keller wurde aufgewärmt, im Foyer wurden dank Hot-Spot Regatten organisiert, Freunde kontaktiert, Vereinsangelegenheiten geregelt. Wenn die limitierte Internetzeit beendet war, übte man sich in Geschicklichkeits-Spielen und trank Krombacher bis der Getränke-Automat keins mehr hergab. Wer die Ruderakademie verließ, den fand man mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in einem hier nicht namentlich genannten Lokal am Ratzeburger Markt wieder.
Die Phasen der Gruppenbildung wurden uns nicht nur theoretisch dargestellt. Wir hatten die Gelegenheit, sie an uns selbst zu beobachten und zu üben. Eine Altersspanne von 17 bis 60 Jahren, gemeinsamer Unterricht, gemeinsame Mahlzeiten und die Unterbringung im gleichen Haus boten eine gute Grundlage dafür. Unterstützt wurde die Gruppendynamik durch Aufgaben mit kreativem Anspruch, die es zwischen den Einheiten in ausgelosten Teams zu erledigen galt. Die letztendlich erfolgreiche Bindung aneinander zeigte sich insbesondere durch die eigene Hymne und ein gemeinsames Tanzritual. Mit letzterem zogen wir sowohl den benachbarten Kindergarten als auch das hauseigene Küchenteam in unseren Bann.
Aber das Küchenteam hat auch uns in den Bann gezogen. Überzeugend wurde z. B. unter Beweis gestellt, dass man auch im hohen Norden österreichische Mehlspeisen zu kredenzen weiß. Auch zum Sektempfang auf dem Steg am Abschiedsabend haben die Damen gezeigt, was sie können. Zur Freude des Gaumens und zum Schreck auf der Waage! Die reichhaltige Verpflegung hat allerdings den Jüngeren unter uns nicht gereicht, sie mussten die Nahrungsversorgung durch regelmäßige Einkäufe im Discounter am Bahnhof ergänzen.
Am Schluss dieser beiden Wochen wurden die Themen des Lehrplans von uns Teilnehmern nochmal erheiternd zusammengefasst – selbstverständlich war dies eine Gruppenaufgabe. Beim Tschüs-Sagen hatte man dann irgendwie Gefühl, man verabschiedet sich von alten Bekannten …
Stephanie Peters, RV Neptun Konstanz
Das Lehrgangsteam bestand aus:
Gabi Bösing, Hameln und Andreas König, Kiel (Lehrgangsteamer), Dr. Michael Stüfe, Celle (Sportmedizin), Dirk Brockmann, Hamburg (Kondition und Koordination), Dr. Lars Koltermann (Trainingsplanung), Birte Hoffmann, Würzburg (Kommunikation), Paul Binet, Glinde (Suchprävention),
Kerstin Ohm, Groß Meinsdorf (Ernährung) und Reinhart Grahn, Ratzeburg (Rudertechnik)
von links: Alexandra Bauer, Anna Falke, Maik Zentner, Gabi Bösing, Urs Moschick, Sven Ernst, Nele, Björn Budde, Erich Sandner, Manfred Schneider, Rüdiger Münchhagen, Susanne Roth, Barbara Neumann-Ullrichskötter, Maren Schlegler, Sandra Bunk, Britta Raudies, Lennart Schmidt, Stephanie Peters, Thorsten Carsjens, Sybille Ellermann, Martin Söhn, Sabine Siegnener, Sebastian Heinze, Kristof Stolze, Harald Hemken, Andreas König, Vincent Behrens (Fotos Andreas König)